von Philippe Besson
Klappentext:
Die berührende Geschichte einer überwältigenden Liebe
Philippe ist 17 Jahre alt und ein Außenseiter. Als hochbegabter Sohn des Schuldirektors in der Provinz hat er wenig Anschluss an seine Mitschüler. Er fühlt sich zu Thomas, einem geheimnisvollen und charismatischen Winzersohn hingezogen und kann sein Glück kaum fassen, als dieser sein Interesse erwidert. Thomas wird seine erste und große Liebe. Eine Liebe, die nur im Verborgenen gelebt werden darf, weil die ländlichen Konventionen es Thomas verbieten, sich zu seiner sexuellen Identität zu bekennen…
Buchcover:© www.buerosued.de, München; Bildmaterial: © Giovan Battista D’Achille, Trevillion Images, GBD75332
Bild: © Buchsüchtig-Queerblog
Meine Meinung:
Schon die ersten Worte Philippes fingen mich ein und fesselten mich an die Geschichte, denn sie ließen Bilder in meinem Kopf wachsen, die sich sofort zu einem Film verbanden und das war wie ein kleines Wunder für mich. Ich bin schon sehr lange nicht mehr derart in einem Buch versunken und war unendlich gespannt auf den weiteren Verlauf der Geschichte. Aber erst einmal begeisterte mich, dass die Wortgewalt erhalten blieb und nicht ins langweilige ‚Habe ich schon so oft gelesen‘ abdriftete. Es gab Sätze in diesem Buch, die habe ich dreimal gelesen, weil sie mich nicht gehen ließen und ich mich von den Worten nicht trennen wollte. Und genau mit diesen fesselnden Sätzen erzählt Philippe seine Geschichte. Und die Geschichte von Thomas, der eine unglaubliche Anziehung auf ihn ausübt, ihn beeindruckt. Und ihn erst wie den wichtigsten Menschen der Welt behandelt, ihm vertraut und ihn dann urplötzlich stehen lässt wie einen Fremden. Als das vor der Turnhalle geschah, war ich irritiert, denn es passte nicht zu seinem vorherigen Verhalten. Und natürlich wollte ich unbedingt wissen was es damit auf sich hat, denn Thomas‘ Verhalten bessert sich nicht nennenswert, aber Phillippes Faszination bleibt und wächst. Und noch mehr geschieht, denn seine Gefühle für Thomas wachsen mit seiner Faszination und reifen schließlich zur Liebe. Ich habe mich für Phillippe gefreut, aber ich hatte auch etwas Bauchschmerzen, denn Thomas ist einfach zu abweisend und zu verschlossen. Und er bleibt auch so. Um sie herum verändert sich die Welt, aber in ihrem Kleinst-Universum steht die Zeit still und sie scheinen keinen Schritt voranzukommen.
Das war wahnsinnig frustrierend und mir tat es um die verschenkten Chancen und Gelegenheiten leid. Und um die Angst. Denn diese spielt in diesen Buch in verschiedenen Formen eine Rolle. Genauso wie Verluste und Abschiede.
Wiedersehen, Neuentdeckungen… Das sind alles Dinge, die in diesem Buch eine Rolle spielen und thematisiert werden. Und dem Ganzen haftet eine unterschwellige Melancholie an, ein „Was hätte sein können…“.
Für mich ist es auch ein Buch über Vergebung und Entwicklung. Darüber, auf verschiedene Begebenheiten der Vergangenheit mit etwas Abstand anders zu blicken und sie anders zu beurteilen als in dem Moment, in dem sie geschahen. Aber auch ein Buch über verpasste Chancen und darauf, dass es trotzdem weitergeht und das Leben schön werden kann. Ich habe das Buch sehr gerne gelesen und mit einer kleinen Träne im Augenwinkel geschlossen. Nicht, weil es unsagbar tragisch war, obwohl es das sehr wohl war, sondern vielmehr wegen der Lügen. Der Titel passt wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge. Wir können nur wahrhaft glücklich werden, wenn wir aufhören uns zu belügen, wenn wir mutig sind und aufrichtig. Das nehme ich aus diesem Buch mit. Lügen haben eine Halbwertszeit und sind nicht für die Ewigkeit geschaffen. Was bleibt sind Aufrichtigkeit und Wahrheit. Obwohl diese für jeden Menschen anders aussehen können. Ich bin froh, dass ich das Buch gelesen habe und ich mag es sehr. Vielleicht liebe es es sogar etwas.
Erscheinungsdatum: 12. April 2023 im Penguin Verlag
Seitenzahl Taschenbuch: 156