von Lily Pulcino
Klappentext:
Nach zwölf aufwühlenden Monaten ist Richard West endlich in seinem neuen Leben angekommen: Die Arbeit an seinem kleinen Garten schenkt ihm Ausgeglichenheit und Kraft. Wann immer Richard eine Auszeit braucht, döst er in seiner bunten Hängematte zwischen den Obstbäumen oder macht es sich mit einem neuen Buch bequem. Doch dann meldet sich ein alter Freund und Kollege bei ihm und stört die Ruhe: Joey braucht dringend seine Hilfe mit einem schwierigen Patienten… »Worum es in meinem Roman geht? Um Richard West, einen Psychologen, der keiner mehr sein will. Um seinen Patienten, Jonathan O’Donnell, der beschlossen hat, zu sterben. Um einen Fernseher und ums Eislaufen. Ach ja, und um die Liebe.« Lily Pulcino
Buchcover: © Dream Design Cover and Art
Bild: © ›Buchsüchtig Queerblog‹
Meine Meinung:
Ich mochte Rick sofort. Er ist zwar kein Sonnenschein im herkömmlichen Sinne, aber er schien mir ein cooler Typ zu sein, der nicht aus seiner Haut kann. Ansonsten hätte er sich wohl kaum mit der Akte von Jonathan befasst, die ihm nach der ersten Sichtung nicht mehr aus dem Kopf ging. Seine ungewöhnliche Herangehensweise an die Therapie Jonathans fand ich witzig und ich hoffte, dass er zu seinem Patienten durchdringen und ihm helfen könnte, vermutete aber, dass sich das schwierig gestalten würde. Nicht nur allein aufgrund Jonathans Verschlossenheit, sondern auch wegen Ricks aktueller Situation.
Warum Jonathan so verschlossen war, zeigte sich später sehr vorsichtig und langsam. Seinen Verlust kann er nur schwer und stockend akzeptieren und er wurde auch nur stückchenweise beschrieben. Allerdings hatte ich sofort den Eindruck, dass er sehr traumatisch für Jonathan gewesen sein musste, denn die Erinnerungen die ihn überrollen, werfen ihn jedesmal komplett aus der Bahn und strecken ihn nieder. Er weigert sich Hilfe anzunehmen und sieht seinen Weg einzig im Suizid. Dieser Weg wird ihm allerdings von Rick versperrt, der alles daran setzt, um Jonathan am Leben zu erhalten. Seine Therapie zeigte auch irgendwie Erfolge und zwischen den beiden Männern entstand so etwas ähnliches wie eine Freundschaft in deren Verlauf sich Jonathan in winzigen Schritten öffnet und Rick ihm auf jede nur erdenkliche Weise hilft, ihn teilweise vor dem Militär deckt und auch sonst alle Hebel in Bewegung setzt, um Jonathans Leid zu lindern. In gewisser Weise funktionierte das sogar, denn Rick gab Jonathan einen Grund zu leben. Aber dieser Grund schien nicht genug zu sein und auch das Angebot von Lee riss das Ruder nicht mehr herum.
Und das, obwohl es wirklich gut war, aber leider immer noch zu wenig, um zu funktionieren. Ich konnte Rick in diesem Moment sehr gut verstehen und trotzdem tat er mir leid, wie er so völlig verloren ging in der Situation.
Die Geschichte ist spannend und wirklich cool, allerdings störte mich sehr, dass statt PTBS immer wieder von PTSB die Rede war. Das ließ mich in dem ansonsten sehr gut zu lesenden Text stolpern. Sehr angenehm empfand ich dagegen, dass es keinerlei erotische Szenen gab, sondern dass er vorrangig um die Gefühle der Protagonisten ging. Vor allem die Unterdrückten bekommen viel Raum und Lily Pulcino hat sich Zeit gelassen um sowohl die Geschichte von Jonathan, wie auch die von Rick zu erzählen, die keineswegs langweilig perfekt sind, sondern beide schwer an Ihrem jeweiligen Schicksal tragen. Vor allem Jonathan, dessen Verhalten ich absolut verstehen konnte und der sich meiner Meinung nach noch sehr zusammengerissen hat. Bei diesem Buch habe ich das Ende geliebt. Es passte sehr gut zur Geschichte und ihren Protagonisten. Vielleicht lag es daran, dass es hier immer um die leisen Töne ging und all das Laute und Gewalttätige in der Vergangenheit lag.
Es war mein erstes Buch von Lily Pulcino und ich habe die Geschichte in vier Tagen ausgelesen. Mit etwas mehr Zeit hätte ich sie ganz sicher ohne Unterbrechung weggesuchtet, aber an sich war es gut so, wie es war, denn es ist eine Geschichte, die Zeit und Raum braucht, um ihren Zauber zu entfalten und die auch später noch nachklingt.
Erscheinungsdatum: 24. Oktober 2019
Seitenzahl Taschenbuch: 288