von Sang Young Park
Klappentext:
Young flippert zwischen Bude, Hörsaal und den Betten seiner letzten Tinder-Matches hin und her. Er studiert in Seoul, zusammen mit Jaehee, seiner BFF und Mitbewohnerin, zieht er durch die glitzernden Bars und queeren Clubs der Stadt. Doch als auch Jaehee endlich ankommen will, bleibt Young allein zurück mit einer Frage: Ist in diesem Land für einen wie mich überhaupt eine Zukunft vorgesehen?
Eine Heldengeschichte von gewaltiger Zärtlichkeit und Lässigkeit. Sang Young Park erzählt von Chaos, Freude, Leichtigkeit des Jungseins und seinen schmerzhaften Grenzen, in einer Gesellschaft, deren Vergangenheit trotz allem Blitzen, Blinken, Träumen seltsam mächtig bleibt … Das Kultbuch aus Südkorea, Porträt einer Generation, Psychogramm eines faszinierenden Landes.
Bild: © Buchsüchtig-Queerblog
Buchcover: © Designbüro Lübbeke, Naumann, Thoben, Köln; Bildmaterial: © Ciaran O’Brian | Unsplash
Meine Meinung:
Young und Jaehee lassen sich nicht einfach nur treiben, sie lassen sich regelrecht gehen und reihen einen Tag an den anderen, ohne von der Stelle zu kommen. Sorglos, ziellos und irgendwie verloren wirkten sie auf mich. Dabei sind sie aber immer füreinander da, unterstützen sich, wo es nur geht und finden so etwas ähnliches wie Halt ineinander. Und diesen Halt hat Young auch bitter nötig, bei all den Bekanntschaften, die er macht. Halbherzig und ohne auf die Gefühle anderer zu achten, flattert er von einem Mann zum nächsten und ich habe mich gefragt, wie lange das wohl funktionieren kann. Es funktionierte nicht lange. An einem Punkt bricht ihre Gemeinschaft auseinander, Jaehee entwickelt sich weiter und lässt Young zurück. Er hat so viel Potenzial, aber nutzt es nicht. Und irgendwie passt er auch kein Stück in die Gesellschaft, in der er lebt. Oder vielmehr existiert, denn mir kam er vor, als wenn er von außen auf die Menschen blicken würde.
Zu einem späteren Zeitpunkt im Buch empfand ich Young in seiner Beziehung als wahnsinnig verliebt und dadurch auch etwas blauäugig. Seinen Partner mochte ich nicht, denn er kam mir wie eine Weihnachtskugel vor. Schillernd und wunderschön von außen, hohl, dunkel, kalt und leer von innen. Was Young an ihm faszinierte, konnte ich nicht ganz nachvollziehen und doch auch wieder verstehen. Er will nicht allein sein, und da ist jemand, der Zeit mit ihm verbringen will. Aber kann das wirklich ein Grund für eine Beziehung sein? Das muss es doch mehr geben. Und ich habe mir so sehr für Young gewünscht, dass er das erkennt.
Irgendwann änderte sich sehr viel für Young, ordnete sich neu und es traten auch Dinge ein, die schrecklich waren und die nicht rückgängig gemacht werden konnten.
Aber auch wunderbare Dinge passierten, brachten sein Leben zum Leuchten, verdunkelten es wieder und brachten danach wieder Licht. Er lebt sein Leben so außergewöhnlich normal wie jede*r andere und ich habe mich für ihn gefreut, während ich sein Schicksal betrauert habe. Irgendwie passierte alles gleichzeitig und doch nacheinander und ich empfand es als eigenartig, dass seine beste Freundin spurlos von der Bildfläche verschwand. Sie war einfach weg und spielte für den weiteren Verlauf der Geschichte keine Rolle mehr. Für mich war das irgendwie seltsam, aber dann auch wieder OK, denn Youngs Leben ging auch ohne sie weiter, änderte sich und entwickelte sich. Die Prioritäten verschoben sich und die wirklich wichtigen Dinge rückten in den Vordergrund. Mussten sie auch, denn die Zeit wurde knapp und niemand konnte sagen, wie lange es noch so weitergehen konnte.
Der Schreibstil Sang Young Parks hat mir sehr gut gefallen und ich habe seine Worte verschlungen. „Love in the Big City“ war definitiv nicht mein letztes Buch von ihm und ich hoffe sehr, dass noch weitere Bücher von ihm erscheinen. Ich mag generell die leisen und melancholischen Geschichten. Die, in denen nicht alles perfekt läuft und die so oder so ähnlich tatsächlich passiert sein könnten. Bei „Love in the Big City“ habe ich den Eindruck, dass die Geschichte nicht komplett aus der Luft gegriffen ist. Young ist einfach zu normal und außergewöhnlich. Sein Leben und die Menschen darin sind es ebenso. Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung für dieses Buch und ich bin froh, dass ich darübergestolpert bin.
Erscheinungsdatum: 7. März 2022 im Suhrkamp Verlag
Seitenzahl Taschenbuch: 252